... man, Alder, das
war mehr als eine kleine Landtagswahl, das war eine Frau Angela
Merkel-Wahl: Ein Proteststurm hat die CDU im Nordosten hinter die AfD
abrutschen lassen. Ein Debakel für unsere Kanzlerin, und für uns
alle, was die Meisten aber noch nicht wissen. Politisch betrachtet
ist Vorpommern eine Miniatur von einem Teil-Bundesland, nahezu
gänzlich ohne Bedeutung. Normalerweise! Bei dieser Wahl aber war das
anders. Denn diese Landtagswahl war im Grunde genommen eine
Kanzlerwahl, oder genauer: eine
Angela Merkel-Wahl. Das macht sie so bedeutsam. In Mecklenburg-Vorpommern hat Angela Merkel ihren Bundestagswahlkreis; die Rechtspopulisten von der AfD haben quasi im Wohnzimmer der Kanzlerin einen Aufstand der Wähler angezettelt, sie haben die Landtagswahl von Beginn an zur Ein – Thema – Wahl gemacht: gegen Merkels Flüchtlingspolitik. Und damit haben sie an diesem Wahlsonntag die CDU zur drittstärksten Partei hinter SPD und AfD degradiert. Das ist das prekäre Symbol des Abends: Die Anti-Merkel-Partei landet erstmals bei einer Wahl vor der Merkel-Partei. In Teilen Rügens - also in Merkels Wahlkreis - ist die AfD wohl sogar stärkste Partei (Zweitstimmen).
Für die Kanzlerin ein politisches Debakel. Was folgt daraus? Dass Merkel nun vor einer mindesten ebenso großen Herausforderung steht wie einst ihr Amtsvorgänger Gerhard Schröder: Der musste erstens seiner Partei die Agenda-Sozialreformen erklären und sich zweitens einer aus Protest gegeben diese Reformen erstarkenden Linken erwehren. In beiden Fällen scheiterte er am Ende. Für Merkel muss es nicht so laufen. Denn Mecklenburg-Vorpommern ist erst mal nur als politisches Symbol ein Debakel, um Merkels Kanzler-Macht geht es (noch) nicht. Was dieser Sonntag aber deutlich macht: Dass sich, zumal im Osten,immer mehr Wähler vom etablierten demokratischen Parteiensystem entkoppeln; dass es dabei keine Rolle spielt, ob es wirtschaftlichen Aufschwung, neue Fußgängerzonen oder viele Touristen gibt (im Nordosten alles vorhanden); und dass es einer Partei gelungen ist, Ängste vor Flüchtlingen zu schüren, obwohl nur sehr wenige im Land leben, diese aber immer recht konzentriert und auffällig, und mitunter alles andere als zurückhaltend. Kurzum: Dass hier Gefühl über Verstand gesiegt hat. Fakten? Zählen nicht. Für unsere Angela Merkel, die immer so gern kühl mit Zahlen und Fakten argumentiert, liegt in den nächsten Monaten genau darin die Herausforderung. Sie wird mehr erklären, mehr kommunizieren, Politik einen wärmenden, sinnstiftenden Rahmen geben müssen, um ihre tief verunsicherte Partei auf Kurs zu halten. Möglicherweise wird sie sich auch rhetorisch auf die Schwesterpartei zubewegen, vielleicht Fehler in ihrer Flüchtlingspolitik eingestehen müssen. Schon am Wahlabend spricht CSU-Kronprinzchen Markus Söder ja nicht zufällig von einem Weckruf für die Union. Er meint: Weckruf für die Kanzlerin. Der neuerliche Erfolg der AfD wird den Ärger der CSU gegen Merkel befeuern. Denn in der CSU wissen sie nur zu gut, dass ihr altes Dogma, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben darf, spätestens mit diesem Wahlsonntag passé ist. Die Union hat nun mit der AfD das Linkspartei-Problem der SPD.
Angela Merkel-Wahl. Das macht sie so bedeutsam. In Mecklenburg-Vorpommern hat Angela Merkel ihren Bundestagswahlkreis; die Rechtspopulisten von der AfD haben quasi im Wohnzimmer der Kanzlerin einen Aufstand der Wähler angezettelt, sie haben die Landtagswahl von Beginn an zur Ein – Thema – Wahl gemacht: gegen Merkels Flüchtlingspolitik. Und damit haben sie an diesem Wahlsonntag die CDU zur drittstärksten Partei hinter SPD und AfD degradiert. Das ist das prekäre Symbol des Abends: Die Anti-Merkel-Partei landet erstmals bei einer Wahl vor der Merkel-Partei. In Teilen Rügens - also in Merkels Wahlkreis - ist die AfD wohl sogar stärkste Partei (Zweitstimmen).
Für die Kanzlerin ein politisches Debakel. Was folgt daraus? Dass Merkel nun vor einer mindesten ebenso großen Herausforderung steht wie einst ihr Amtsvorgänger Gerhard Schröder: Der musste erstens seiner Partei die Agenda-Sozialreformen erklären und sich zweitens einer aus Protest gegeben diese Reformen erstarkenden Linken erwehren. In beiden Fällen scheiterte er am Ende. Für Merkel muss es nicht so laufen. Denn Mecklenburg-Vorpommern ist erst mal nur als politisches Symbol ein Debakel, um Merkels Kanzler-Macht geht es (noch) nicht. Was dieser Sonntag aber deutlich macht: Dass sich, zumal im Osten,immer mehr Wähler vom etablierten demokratischen Parteiensystem entkoppeln; dass es dabei keine Rolle spielt, ob es wirtschaftlichen Aufschwung, neue Fußgängerzonen oder viele Touristen gibt (im Nordosten alles vorhanden); und dass es einer Partei gelungen ist, Ängste vor Flüchtlingen zu schüren, obwohl nur sehr wenige im Land leben, diese aber immer recht konzentriert und auffällig, und mitunter alles andere als zurückhaltend. Kurzum: Dass hier Gefühl über Verstand gesiegt hat. Fakten? Zählen nicht. Für unsere Angela Merkel, die immer so gern kühl mit Zahlen und Fakten argumentiert, liegt in den nächsten Monaten genau darin die Herausforderung. Sie wird mehr erklären, mehr kommunizieren, Politik einen wärmenden, sinnstiftenden Rahmen geben müssen, um ihre tief verunsicherte Partei auf Kurs zu halten. Möglicherweise wird sie sich auch rhetorisch auf die Schwesterpartei zubewegen, vielleicht Fehler in ihrer Flüchtlingspolitik eingestehen müssen. Schon am Wahlabend spricht CSU-Kronprinzchen Markus Söder ja nicht zufällig von einem Weckruf für die Union. Er meint: Weckruf für die Kanzlerin. Der neuerliche Erfolg der AfD wird den Ärger der CSU gegen Merkel befeuern. Denn in der CSU wissen sie nur zu gut, dass ihr altes Dogma, dass es rechts von der Union keine demokratisch legitimierte Partei geben darf, spätestens mit diesem Wahlsonntag passé ist. Die Union hat nun mit der AfD das Linkspartei-Problem der SPD.
Die
Rechtspopulisten sind jetzt in der Fläche präsent, in West wie Ost.
Und so schnell werden sie nicht wieder verschwinden. In
Mecklenburg-Vorpommern haben sie vor allem frühere Nichtwähler
mobilisiert und zu ähnlich großen Teilen einstige SPD-, CDU- und
Linke-Wähler abgezogen. Heißt: Die AfD ist nicht allein das Problem
der Union, aber es ist die Wut auf die Kanzlerin, die dieses bunte
Elektorat (Wählerschaft)
eint. Und anders als die alte, pragmatische Protestpartei DIE LINKE
ist die neue, wütende Protestpartei AfD nicht über Koalitionen auf
Landes-Ebenen einzubinden. Die AfD ist eine Partei gegen das
bestehende Parteiensystem, sie will sich nicht einfügen, sondern sie
will Unruhe stiften, sabotieren. Mit den Rechtspopulisten ist kein
Staat zu machen. Darin steckt die große Gefahr für die Demokratie.
Die
bösen Geister, die Merkel mindestens bis zur Bundestagswahl im
kommenden Jahr verfolgen werden, sind somit nicht nur Problem und
Gefahr für die Unionsparteien, sondern auch für die Republik.
Also
weiter Große Koalition. Für Sellering und Caffier mag das eine
angenehme Perspektive sein, für ihre Parteifreunde auf der
Bundesebene ist es das kaum. Denn dass CDU und SPD einfach
weiterregieren, obwohl so viele Wähler sie abgestraft haben, dürfte
auf wenig Begeisterung stoßen. Die Gefahr ist, dass die AfD weiter
zulegt. Noch am Sonntagabend in Schwerin sprachen die
Rechtspopulisten davon, dass sogar bei der Abgeordnetenhauswahl im
eher linken Berlin ein Ergebnis von mehr als 35 Prozent drin sei. In
knapp zwei Wochen wird in der Hauptstadt gewählt, auch dort regiert
derzeit eine Große Koalition. SPD-Noch-Bürgermeister Michael Müller
würde diese gerne durch Rot-Rot-Grün ersetzen. Doch das Ergebnis in
Mecklenburg-Vorpommern muss auch ihm Sorgen machen.
Obwohl
die AfD ihr Hybris-Ziel, stärkste Kraft zu werden, am Sonntag
verpasste: Petry, Gauland und Co. haben die Parteienlandschaft
verändert. Die alte Regel, wonach entweder die Union oder die linken
Parteien die Schwäche der jeweiligen Gegenseite ausnutzen, gilt
nicht mehr. In Mecklenburg-Vorpommern profitierte nur die AfD. Alle
anderen Parteien haben verloren.
Zu
den großen Stärken unserer Angela Merkel gehörte, dass sie wusste,
ihre Emotionen zu kontrollieren. Ihr Aufstieg von einer ostdeutschen
Wissenschaftlerin zur deutschen Regierungschefin gelang nur deshalb,
weil sie es verstand, die Attacken ihrer Gegner mit stoischer Ruhe
wegzustecken, statt mit blinder Wut zurückzuschlagen. Mit dieser
emotionalen Disziplin setzte sie sich erst in der CDU durch. Dann
besiegte sie den Schröder, Gerhard, der sich mit seinem Wutausbruch
nach der Bundestagswahl 2005 selbst den Todesstoß versetzte.
Merkels
ehemaliger Generalsekretär Pofalla entwickelte eine
Wahlkampfstrategie, die zu Merkels Affektkontrolle passte.
Normalerweise ist die Attacke der Modus des Wahlkämpfers. Pofallas
"asymmetrische Demobilisierung" dagegen fußt auf der Idee,
dem Gegner die Themen wegzunehmen und so freundlich aufzutreten, dass
das linke Lager gar nicht mehr so recht weiß, warum es zur Wahl
gehen soll. Für Merkel war die Strategie enorm erfolgreich. Ihre
Wahlsiege gegen Dr. Seinmeier 2009 und Dr. Steinbrück 2013 sind ohne
sie nicht zu verstehen.
Nun
funktioniert sie erkennbar nicht mehr. In Mecklenburg-Vorpommern
liefen auch einige CDU-Anhänger zur AfD über. Und ehemalige
Nichtwähler fühlten sich ermuntert, vom Sofa aufzustehen und ihren
Protest gegen Merkels Flüchtlingspolitik an der Wahlurne zum
Ausdruck zu bringen. Die Kanzlerin mobilisierte - nur eben nicht das
eigene Lager, sondern ihre Gegner. Sie, die so lange das Land sediert
hatte, schürt nun das Feuer der Empörung. Der Fehler ist gemacht!
Nun
kann Merkel an den Entscheidungen des Sommers 2015 nichts mehr
ändern. Sie hat, und das war richtig, in einer Ausnahmesituation die
Tür für verzweifelte Menschen aufgemacht. Danach aber fand sie
keinen Weg, den Strom der Flüchtlinge in halbwegs geordnete Bahnen
zu lenken. Aber auch das ist Geschichte, oder, um mit Franz
Müntefering zu sprechen: Der Fehler ist gemacht.
Jetzt
kommt es darauf an, die Flüchtlinge, die im Land sind, vernünftig
zu integrieren. Und diejenigen Bürger, die Merkels Willkommenskultur
ablehnen, nicht den Populisten zu überlassen. Hier liegt Merkels
große Schwäche. Man mag es als Zeichen von Standfestigkeit sehen,
dass sie unmittelbar vor den Landtagswahlen in zwei großen
Interviews ihre Flüchtlingspolitik noch einmal mit heiligem Ernst
verteidigte. Und es ist menschlich verständlich: Wer erlebt hat, wie
Merkel im Wahlkampf beschimpft wird für ihren Kurs, wie
Straßengröler "Volksverräterin" rufen, sobald sie aus
dem Auto steigt, dem nötigt ihre Sturheit Respekt ab.
Aber
ist sie auch klug? Noch nie in ihrer Kanzlerschaft stand Merkel unter
größerem Druck und ausgerechnet jetzt fängt sie an, Politik aus
dem Bauch zu machen. Je unmäßiger die Kritik an ihr wird, umso mehr
Pathos verwendet sie, um sich zu rechtfertigen, was wiederum ihre
Gegner anstachelt. Es ist ein Teufelskreis.
Zu
den großen Leistungen der Union gehörte, dass sie es über
Jahrzehnte schaffte, das rechte Spektrum zu integrieren. Nun sieht es
so aus, als könnte mit der AfD eine rechtspopulistische Volkspartei
entstehen, mit unabsehbaren Folgen für die politische Kultur in
Deutschland. Noch lässt sich das verhindern. Aber wenn Merkel nicht
den nötigen Pragmatismus aufbringt, der nötig ist im Kampf gegen
die AfD, wird die Kanzlerin zu einer Belastung für die Union.
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