Samstag, 29. November 2008

Hera

Hera ist in der griechischen Mythologie die Gattin und gleichzeitig die Schwester des Zeus und somit die Tochter des Kronos und der Rhea. Hera ist die weibliche Form von „Heros“ (Herr). Ihr obliegt der Schutz der Ehe und der Niederkunft.

 

Die eifersüchtige Hera beobachtet argwöhnisch die vielen Liebschaften Zeus' und weiß, wenn er ihren Wünschen nicht Folge leistet, ihrem Ärger durch Schmollen oder unbändiges Gezänk Luft zu machen. Zu tätigem Widerstand fehlt ihr jedoch der Mut; droht er ihr, so lenkt sie alsbald ein, weiß sich dann aber der List zu bedienen.  

Vielmehr sind die Kinder, als deren Mutter sie in der älteren Sage erscheint, alle auch Kinder des Zeus. So Ares, Hebe, die Eileithyia, jene die reife, mannbare Jungfrau, diese die Geburtsgöttinnen, endlich Hephaistos. Hera ist auch Wächterin über die Geheimnisse des ehelichen Lebens. Sie erscheint darum auch als Helferin in den Nöten der Entbindung, und in Argos wurde sie geradezu als Eileithyia, als Geburtsgöttin, verehrt. Wenn sie den Dionysos verfolgt und in Raserei stürzt und das gleiche Los über Athamas verhängt, weil er Erzieher des Gottes war, sowie über Ino, die denselben von Hermes zur Pflege empfangen hatte, so erscheint sie als Wächterin der Reinheit des olympischen Stammes.

 

Vieles im Mythos der Hera wird mit Recht aus Naturerscheinung und Naturanschauung erklärt. So ist der eigentliche Grund der Streitigkeiten des Zeus und der Hera in der Naturbedeutung der beiden Gottheiten zu suchen. Bei der eigentümlichen Beschaffenheit des griechischen Pantheons entwickeln sich alle Erscheinungen der Atmosphäre oder des Wolkenhimmels, Regen, Sturm etc., so heftig und stürmisch und in so gewaltigem Gegensatz, dass das Bild eines ehelichen Zankes der herrschenden Mächte ein sehr natürliches und ausdrucksvolles ist. Wenn es z.B. heißt, dass Zeus die Hera im Grimm gepeitscht und ihren Sohn Hephaistos vom Olymp hinunter geschleudert habe, so könnten damit wohl ursprünglich die Aufregungen des Himmels ausgedrückt werden, wenn Zeus in Stürmen und Wetterwolken einherfährt, die Luft gleichsam geißelt und mit Blitzen um sich wirft. Wenn ferner Zeus die Göttin am Himmel aufhängt und sie in der Luft schweben lässt, so ist auch dies ein Bild von der Gewalt des höchsten Himmelsgottes, der die Wolken gleichsam herabhängen lässt.

 

Der Versuch der Hera, in Verbindung mit Poseidon und Athene den Zeus zu fesseln, deutet wohl ebenfalls auf einen Aufruhr der Natur hin. Wenn Hera sich mit den finstern Mächten der Tiefe verbindet und verderbliche Mächte erzeugt, so ist dies ein Bild der gefährlichen, in dichten Nebeln über der Erde gelagerten Luft. Auch der Pfau, welcher ihr als Attribut beigegeben ist, und dessen Augen im entfalteten Schweif die Pracht des gestirnten Himmels bedeuten, hat eine Beziehung zu ihrem Wesen. Doch ist zuzugestehen, dass eine Reihe von Zügen der Mythen um Hera auch auf sie als Mondgöttin passt. Eine solche war ursprünglich auch die mit der griechischen Hera identifizierte italienische Iuno.

Die plastischen Darstellungen der Hera, deren wir aber aus der guten griechischen Zeit nur sehr wenige haben, halten sich vornehmlich an die Schilderung Homers: große, runde, offene Augen (boopis „rindsäugig“), strenger, majestätischer Gesichtsausdruck, ein etwas stark hervortretendes Kinn (die unbeugsame Entschlossenheit des Willens ausdrückend), Körperformen einer blühenden Matrone; dazu züchtige Bekleidung: aufgeschürzter Chiton, der nur Hals und Arme bloß lässt, mit weitem, die ganze Gestalt verhüllendem Obergewand, die königliche Kopfbinde (stephane), öfters auch ein Schleier.

Der Granatapfel in ihrer Hand ist das Symbol ehelicher Fruchtbarkeit, was auch jene verhängnisvollen Äpfel bezeichnen, welche Gaia bei ihrer Hochzeit hatte wachsen lassen. Die gewöhnlichsten Attribute sind außerdem: das Szepter als Zeichen der Herrschaft, die Patera oder Opferschale in der Hand, der Pfau (dessen Augen auf den Federn als die ihres getöteten einst hundertäugigen Dieners Argos gedacht werden) zu ihren Füßen, auch der Kuckuck (da Zeus sich in seine Schwester Hera verliebte, ein Unwetter kommen ließ und sich in einen Kuckuck verwandelte, den die mitleidige Hera in ihrem Gewand barg, wo sich Zeus zurückverwandelte und beide sich dann vereinigten), Blumen und Blätter (als Symbole des Natursegens).

Berühmt vor allen anderen Bildern war die kolossale Goldelfenbeinstatue des Polykleitos in ihrem Tempel bei Argos, von der uns römische Münzbilder noch eine Vorstellung geben. Hera erschien hier auf reich geschmücktem Thron sitzend, die Stirn mit einem Diadem geschmückt, worauf die Chariten und Horen im Relief gebildet waren; in der einen Hand hielt sie einen Granatapfel, in der anderen das Zepter, worauf der Kuckuck saß. Die Strenge dieser ältern Auffassung ist noch bewahrt in dem Farnesischen Herakopf in Neapel, während jüngere Werke mehr das Frauenhafte oder Königliche in der Göttin betonen.

Beides ist aufs Schönste in dem vielbewunderten, von einer Kolossalstatue stammenden Kopf der Hera Ludovisi in Rom vereinigt. Unter den statuarischen Darstellungen sind die bedeutendsten: die „Barberinische Juno“ im Vatikan zu Rom und ein Marmortorso von Ephesos in Wien; erstere gibt das Motiv der Hera Teleia (Iuno Pronuba), deren berühmtestes Bild Praxiteles für Plataiai geschaffen hatte. Eine eigentümliche Gestaltung der Göttin, die aber die Kunst wenig beschäftigt hat, ist die Hera Eileithyia (Iuno Lucina, die den Gebärenden beisteht). Unter den Mythen der Hera ist derjenige von der heiligen Hochzeit (dem hieros gamos) mit Zeus am häufigsten behandelt worden.

Freitag, 28. November 2008

Zeus

Zeus, Sohn des Kronos und der Rhea (Göttin des Fließens), galt als oberster olympischer Gott in der griechischen Mythologie und mächtiger als alle anderen griechischen Götter zusammen. Über ihm stand nur das (personifizierte) Schicksal – seine Töchter, die Moiren – auch er hatte sich ihnen zu fügen. Der Name entspringt derselben indogermanischen Wortwurzel, die Ausdruck eines gemeinsamen indogermanischen Gottesbildes ist.

Die Geburt und die Machtergreifung des Zeus Kronos verschlang alle seine Kinder gleich nach der Geburt , da er fürchtete, diese könnten ihn entmachten , so wie er selbst seinen Vater Uranos entmachtet hatte. Aus diesem Grund brachte Rhea Zeus im Verborgenen auf die Welt, nämlich in einer Höhle des Idagebirges auf Kreta. Ihrem Mann Kronos gab sie einen in eine Windel gewickelten Stein zu essen.

Zeus wurde in der Zwischenzeit durch die Nymphen Adrastea und Ide aufgezogen, von der Ziege Amaltheia versorgt und von den Kureten beschützt. Als er herangewachsen war, schlich er sich bei Kronos ein und zwang ihn, zuerst den Stein und dann alle seine verschluckten Kinder wieder auszuwürgen. Mit Hilfe seiner Brüder Hades und Poseidon tötete Zeus schließlich seinen Vater und übernahm den Thron der Welt. Hades wurde Herrscher über die Unterwelt, Poseidon herrschte von nun an über das Meer.

Verheiratet war Zeus mit seiner Schwester Hera, mit der er mehrere Kinder, unter anderem Hephaistos, den Gott der Schmiedekunst, hatte. Aber er hatte auch viele Liebschaften , unter anderem mit der Göttin Leto, einer Tochter des Titanen Koios, die ihm Apollon, den Gott des Lichts und der Musik und Artemis, heilbringende Göttin der Natur und der Jagd, gebar, oder Leda, von der er die Dioskuren Kastor (Castor) und Polydeukes (Pollux ) bekam, aber auch viele Nymphen, Halbgöttinnen und Sterbliche . Diese Liebschaften waren nie von Dauer, vor allem wegen Heras maßloser Eifersucht. Um die Kinder, die aus diesen Seitensprüngen entstanden (unter anderem Herakles und die schöne Helena), kümmerte er sich aber. Die einzige Liebschaft von Dauer war wahrscheinlich die zum Königssohn Ganymed. Dieser war so schön, dass Zeus ihn in Gestalt eines Adlers auf den Olymp entführte. Dort diente er ihm als Mundschenk. Auch die Göttin Aphrodite soll nach Homer eine Tochter von Zeus und der Dione gewesen sein. Geläufiger ist jedoch die Version des Hesiod, nach der sie aus dem Schaum entstand, der sich um die abgeschnittenen Genitalien des Uranos im Meer vor Kythera gebildet hatte. Seine Lieblingstochter Athene, die Göttin der Weisheit, entsprang aus seinem Kopf, obwohl da möglicherweise von Hephaistos nachgeholfen wurde. Doch auch andere Götter stammen von ihm ab, wie Dionysos, der Gott des Weines, die Göttin Iris, die als Botschafterin die Kommunikation zwischen Menschen und Göttern sicherstellte, oder Hermes, der Götterbote. Zwecks Verführung der verschiedenen Damen nahm Zeus oft eine andere Gestalt an (Stier, Schwan, Goldener Regen u. a.).

Die Herrschaft der olympischen Götter unter Zeus wurde durch einen Angriff der Giganten bedroht. In der Gigantomachie aber besiegten die Götter die Giganten. Der Schild des Zeus heißt Aigis oder Ägis (Ziegenfell). Dieser wurde von Hephaistos geschmiedet und wird meist als schuppen - und schlangenbewehrter Halskragen dargestellt. Der Aigis ist Sinnbild der schirmenden Obhut (Ägide) der Götter.

Das älteste und erste in der Antike berühmte Zeus-Orakel befand sich im Eichenhain von Dodona (die Eiche ist ebenfalls der heilige Baum des Zeus). Auch in Olympia gab es ein Zeus-Orakel; hier wurde der Zeus Olympios verehrt. Auf Kreta nahmen Kulte Bezug auf seine Geburt und Kindheit mit Höhlen- und Geburtskulten. Siehe auch Höhle von Psychro. Verehrt wurde Zeus als Allgott, als denkendes Feuer, das alles durchdringt, als Vater der Götter und Menschen , als Gott des Wetters, als Schicksalsgott usw. Die Epiphanie des Zeus ist stets der Blitz, etwa bei Homer.

Dienstag, 25. November 2008

Apollon

Apollon war in der griechischen und römischen Mythologie der Gott des Lichts, des Frühlings, der sittlichen Reinheit und Mäßigung sowie der Weissagung und der Künste, insbesondere der Musik, der Dichtkunst und des Gesanges. Das Heiligtum in Delphi, die bedeutendste Orakelstätte der Antike, war ihm geweiht. Als Olympier gehörte er zu den zwölf Hauptgöttern des griechischen Pantheons.

Die Etymologie des Namens Apollon ist ungeklärt. Möglicherweise bedeutete er (auf Griechisch) „Verkünder “, „Zerstörer “ bzw. „Vernichter “ oder aber „Unheilabwehrer“. Homer nannte ihn in der Ilias auch Smintheus (d.h. „Rattenverschlinger“) und „der fernhin Treffende“. Als Phoibos Apollon („der Leuchtende“, latinisiert Phoebus) wurde er auch mit dem Sonnengott Helios gleichgesetzt. Ein weiterer Name war Boedromios, „der unter Schlachtruf helfend Herbeieilende “. Zuschreibungen als Beschützer der Künste und der Musik stand Apollon den neun Musen vor (Beiname Musagetes) und war zugleich ein Sühnegott. Manchmal wurde er auch als Gott der Heilkunst angesehen (er schickte die Pest im Trojanischen Krieg ins Lager der Griechen). Aber auch in anderen Bereichen des Lebens spielte er eine Rolle: Er brachte (wie der babylonische Gott Nergal) Tod und Vernichtung, gleichzeitig aber auch Rettung vor Gefahren (z. B. in der Funktion des Apollon Smintheus, des „Vernichters der Mäuse “ oder des Apollon Lykeios als Beschützer der Herden vor den Wölfen). Als Heilgott waren mit ihm auch die Weissagung und die Orakelstätten verbunden. Er konnte die Gabe der Weissagung auch an Sterbliche, wie an Kassandra, die Tochter des Priamos, verleihen. Im Trojanischen Krieg stand er auf Seiten der Trojaner und griff durch gezielte Bogenschüsse in die Kämpfe ein; als Rächer sandte er mit seinen Pfeilen die Pest in das Lager der Griechen, weil sie die Tochter eines Apollonpriesters gefangen genommen und versklavt hatten. Abgesehen von seinen für die Figur typischen Berichten wie dem musischen Wettkampf mit dem Hirtengott Pan (vgl. Bachkantate Der Streit zwischen Phoebus und Pan) tritt Apollon in auffällig vielen Geschichten, die von ihm erzählt werden, als Rächer oder Töter auf. So tötete er die Niobiden und den Riesen Tityos, der seine Mutter vergewaltigen wollte; er tötete (und häutete) auch den Satyr Marsyas, weil der sich nachsagen ließ, schönere Musik zu machen als der Gott. Orestes befahl er, seine eigene Mutter Klytaimnestra zu töten, um damit den Mord an seinem Vater Agamemnon zu rächen. Die Erinnyen, die so etwas nicht dulden, schlugen Orest darauf mit Wahnsinn, Apollon verteidigte ihn dann aber erfolgreich vor dem Areopag in Athen gegen sie und Klytaimnestras Geist.  

Die erste Tat im Leben Apollons war die Tötung des Drachen Python, des Feindes seiner Mutter Leto. Python floh schwer verletzt zum Orakel der Mutter Erde nach Delphi, die so zu Ehren der Delphyne, der Gattin des Python genannt war. Apollon folgte Python in den Schrein und tötete ihn neben dem heiligen Spalt. Da diese Schlange, die außergewöhnliche prophetische Kräfte besessen hatte, eine Tochter der Gaia gewesen war, musste er sich zur Sühne nach Tarrha auf Kreta begeben und dort einer Reinigungszeremonie unterwerfen. Einmal wagte Apollon es sogar, gegen seinen Vater Zeus zu rebellieren: Als dieser Apolls Sohn Asklepios getötet hatte, rächte sich Apollon durch den Mord an den Kyklopen. Als Strafe für diese Tat musste Apollon dann in den Schafställen des Königs Admetos von Pherai arbeiten bzw. dessen Kühe hüten. Da er sich dem Admetos als Fremdling genaht hatte und sehr freundlich aufgenommen worden war, sorgte er dafür, dass seine Tiere alle Zwillinge zur Welt brachten und half ihm auch dabei, Alkestis, die Tochter des Pelias zu gewinnen. Zusätzlich half er ihm gegen den Thanatos (Tod), als er sterben sollte. Bei Anbruch des Winters flog Apollon in einem von Schwänen gezogenen Wagen in das „Land der Hyperboreer“, das ist das Land jenseits des Nordwinds.

Montag, 24. November 2008

Homer

Homer ist der erste namentlich bekannte Dichter der griechischen Antike. Er lebte vermutlich gegen Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. in den von Griechen kolonisierten Gebieten Kleinasiens und gilt als Schöpfer der ältesten Werke der abendländischen Literatur: der Ilias, der Odyssee und der Homerischen Hymnen. Allerdings wurde in der Antike aufgrund seiner angeblichen Blindheit auch von μ ρών , ho horōn , „der nicht Sehende “ , abgeleitet

Schon in der Antike wurde über Homers Person und Herkunft diskutiert : Smyrna, Athen, Ithaka, Pylos, Kolophon , Argos und Chios beanspruchten , als sein Geburtsort zu gelten. Eine der Legenden sagt, er sei am Fluss Meles als uneheliches Kind geboren worden und sein ursprünglicher Name habe Melesigenes („Der vom Meles Herstammende “ ) gelautet. Er starb vermutlich auf der Insel Íos. Während über Homers Vater Unklarheit herrscht , sind sich mehrere Quellen einig , dass seine Mutter Kreitheïs hieß. In der Antike wurde er oft als blinder Greis dargestellt. Trotz dieser schon damals regen Hypothesenbildungen über seine Herkunft, sein Aussehen und seine Lebensdaten ist bis heute nicht einmal ganz geklärt, ob eine historische Person „Homer “ überhaupt existiert hat. Die Darstellung Homers als eines blinden und armen Wandersängers geht unter anderem auf den Dichter des unter Homers Namen verfassten Apollon-Hymnus zurück, der aber höchstwahrscheinlich nicht von ihm stammt. Gegen diese Darstellung sprechen die für sein Werk erforderlichen genauen Kenntnisse der oberen aristokratischen Schichten , die ein armer Wandersänger nicht hätte besitzen können . Aber da die Epen – als ursprünglich mündlicher Vortrag – in erster Linie vor aristokratischem Publikum Gehör fanden, wobei die Sänger (oder auch Rhapsoden) zum Teil längere Zeit in dem Oikos der Adeligen wohnten und zu deren Unterhaltung beitrugen , ist es denkbar, dass auch Homer mit der Lebensart seiner Gastgeber vertraut war und zu dieser Bevölkerungsgruppe gehörte. Fahrende Sänger, die von Fürstenhof zu Fürstenhof

sich auch in den Epen (etwa Demodokos am Hof des Phaiakenkönigs Alkinoos ). Einige Forscher vermuten

autobiographische Elemente, die Homer in die Epen einfließen ließ .  

 

Anfang der Ilias Anfang der Odyssee Die Welt von Homer in der Odyssee Werke Die Epen Berühmt geworden ist Homer als Dichter zweier der frühesten Epen der Weltliteratur , der Ilias und der Odyssee . Ilias und Odyssee sind die ersten großen Schriftzeugnisse der griechischen Geschichte : Mit ihnen beginnt nach klassischer Ansicht die europäische Kultur - und Geistesgeschichte . Seine Autorschaft ist allerdings nicht unumstritten . Sprachliches Gesichert scheint die Herkunft der Epen aus dem griechischen Kleinasien durch die sprachliche Analyse der Werke, die beide im ionischen Dialekt des Altgriechischen geschrieben sind . Die Grundsprache ist das Ionische der früharchaischen Zeit , durchsetzt mit Beispielen des äolischen Dialektes und mit offenbar aus älterer Tradition stammenden Überlieferungen . Aufgrund des ursprünglich mündlichen Vortrags aus dem Gedächtnis mit Improvisationen tauchen viele Redewendungen als „Lückenfüller “ wiederholt auf. Bis in die hellenistische Zeit existierten verschiedene Textredaktionen , wobei die ersten Versuche einer Kanonisierung bis in die Zeit des athenischen Tyrannen Peisistratos zurückreichen . Die heutige Fassung wurde von Aristarchos von Samothrake redigiert , einschließlich der noch heute verwendeten Einteilung der „Gesänge “ . Datierung der Epen Während die einen von einer Entstehungszeit von ca. 850–800 v. Chr. ausgehen , nehmen andere einen etwa hundert Jahre jüngeren Zeitpunkt (ca. 750–700 v. Chr.) dafür an und andere Wissenschaftler vermuten den Entstehungszeitpunkt im 12. Jahrhundert v. Chr. (z. B. Wilhelm Dörpfeld). Um die homerischen Epen zeitlich einzuordnen , bedient man sich mehrerer Vergleiche. Zum einen wird das Verhältnis zur Hesiodischen Epik herangezogen, die im 7. Jahrhundert v. Chr. entstand . Weiterhin gibt es Anspielungen auf den Nestorbecher (730-720 v. Chr.), die auf Partien in der Ilias zu weisen scheinen . Hinzu kommt das historische Umfeld in der zweiten Hälfte des 8. Jahrhundert . Dieses war für die Entstehung der Epen sehr wichtig , da ab dem 7. Jahrhundert die dargestellte unangefochtene Adelskultur nicht mehr bestand. Ein weiterer Hinweis sind Partien in der Ilias , die auf Ereignisse im 7. Jahrhundert zu verweisen scheinen . Viele Angaben in den Epen deuten auf eine Zeit vor der dorischen Wanderung (Angaben über Kleidung , Waffen, Behausung und geopolitischen Verhältnisse ) hin und bringen die Datierung ins 12. Jahrhundert v. Chr. All diese Hinweise sind jedoch nicht eindeutig . So setzt der Nestorbecher die Ilias nicht zwingend voraus , und Hesiod wird bisweilen vor Homer datiert. Des weiteren lassen sich die Partien in der Ilias auch anders beurteilen , und Literatur kann auch anachronistisch sein , weshalb eine Datierung aufgrund historischer Ereignisse sehr schwerfällt . Doch sprechen die Indizien hauptsächlich für die zweite Hälfte des 8. Jahrhundert v. Chr. In den Schriften Homers werden, beginnend bereits 800 v. Chr., unter anderem erstmals auch Kriegsverletzungen mit genauen Angaben zur Blutstillung und Wundbehandlung und auch die Pflege Verwundeter beschrieben . Sie sind die ältesten literarischen Zeugnisse der frühen griechischen Heilverfahren . Der Princeton-Psychologe Julian Jaynes (1920–1997) hat in seinem seinerzeit Aufsehen erregenden Buch The Origin of Consciousness in the Breakdown of the Bicameral Mind die Andersartigkeit der in der Ilias geschilderten Menschen , die in Entscheidungssituationen von Göttern bzw. göttlichen Stimmen gesagt bekommen, was zu tun sei, im Vergleich zur Figur des Odysseus in seiner dem gegenüber auffälligen „Eigenständigkeit und Selbstbewusstheit “ zum Ausgangspunkt einer weit ausholenden psychohistorischen Studie über den „Ursprung des Bewusstseins “ gemacht. Die Erlebnisweise der Helden von Troja interpretiert er dort (im Zusammenhang mit vielen anderen literaturhistorischen und archäologischen Hinweisen ) auf ein gleichartiges Erleben in den vorangegangenen Jahrtausenden hin als einen Ausdruck einer vorbewussten oder präreflexiven – aufgrund einiger neurophysiologischer Überlegungen von ihm „bikameral “ genannten – Bewusstseinsstruktur , die dem heutigen Bewusstsein mit seiner ausgeprägten Reflexionsfähigkeit unmittelbar vorausgegangen sei und noch vor 3000–4000 Jahren weithin vorgeherrscht habe. Urheberschaft : Die „Homerische Frage “

Die literaturwissenschaftliche Frage nach der Urheberschaft Homers wird die Homerische Frage genannt . Hauptsächlich geht es dabei um die Frage, ob Homer tatsächlich Verfasser nur der Ilias oder überhaupt der beiden Epen gewesen sei oder ob unter dem Namen „Homer “ verschiedene Dichter zusammengefasst worden seien , die ältere, mündlich überlieferte Sagen verschriftlicht kompiliert hätten. Ein weiterer Aspekt der „Homerischen Frage “ ist die Datierung der beiden Epen: Hätte die deutlich jüngere Odyssee überhaupt noch während der Lebenszeit des Ilias -Autors geschrieben sein können ? Teils wird hier jedoch davon ausgegangen , die Ilias sei ein Jugend- und die Odyssee ein Alterswerk Homers. Literaturwissenschaftliche stilistische Analysen neigen heute aufgrund der hohen kompositorischen Kunst und durchgehenden sprachlichen Qualität beider Epen wiederum dazu, wie die antiken Autoren auf einen gemeinsamen Verfasser („Homer “ ) als wahrscheinlich zu folgern . Homerische Hymnen Die größtenteils legendären antiken Viten Homers berichten außerdem von weiteren ihm zugeschriebenen Werken. Dabei handelte es sich wohl durchweg um Pseudepigraphen , von denen außer Fragmenten nur die vermutlich nichthomerische Travestie vom Krieg zwischen den Fröschen und Mäusen komplett erhalten ist. Umstritten ist die Urheberschaft der ebenfalls Homer zugeschriebenen 33 Gedichte , der sogenannten Homerischen Hymnen – Preislieder auf griechische Götter. Sie stehen den beiden Epen stilistisch nahe. Rhapsoden pflegten sie als Einleitung zu ihren Rezitationen vorzutragen . Berühmt sind der Hymnos an Apollon und der Hymnos an Aphrodite . Wirkungsgeschichte Homers Nachwirkung kann gar nicht überschätzt werden. Griechische und römische Antike Bereits im antiken Griechenland dienten seine Epen den politisch stark zersplitterten griechischen Stämmen und Poleis zur Gewinnung eines gemeingriechischen Selbstverständnisses ( siehe Nationaldichter ). Die Hochschätzung Homers wurde von den Römern übernommen. Vergils Epos Aeneis ist auch als Versuch zu werten, den Römern eine Herkunftssage zu geben, wie sie die Griechen an Homers Epen gehabt hatten. Mittelalter Durch die – außer im frühchristlichen Irland – sehr zurückgegangene Kenntnis des Griechischen bei den westlichen Gelehrten ging auch die Homerkenntnis sehr zurück, als Epiker war Vergil viel geläufiger . Auch die als Zwischenglied sonst sehr bedeutsame arabische Rezeption griechischer Quellen berücksichtigte eher medizinische , naturwissenschaftliche , mathematische und philosophische als epische Quellen . Doch bereits Dante Alighieri nennt Homer den Ersten unter den göttlichen Dichtern und Vorbild des von ihm verehrten Vergils . Sein eigenes Hauptwerk, die Divina Commedia , wirkte wiederum auf ganze Zeitalter von Schreibern , insbesondere auf die Vertreter der Moderne des 20. Jahrhunderts . Neuzeit Erst die Flucht der griechischen Gelehrten aus dem 1453 von den Osmanen erstürmten Konstantinopel brachte die Kenntnis griechischer Quellen und damit auch Homers in den Westen und beeinflusste stark die Renaissance . Ausgehend von den Homerübersetzungen von Johann Heinrich Voß spielte in Deutschland Homer für den „Volks “ - und „Natur “ -Begriff der deutschen literarischen Klassik und Romantik die größte Rolle, weil man in Ilias und Odyssee einen Beweis dafür sah , dass das Volk eine eigene authentische Stimme habe (vgl . Volkslied ), dass aus ihm die Natur selber spreche . In diesen Zusammenhang gehörte auch das Aufwerfen der „Homerischen Frage “ , denn entschied man sich gegen die Autorschaft Homers, so waren die Epen anonym entstanden , wie etwa das Nibelungenlied , und somit wurde dann „das Volk “ als Autor reklamierbar . Dagegen wandte sich bereits Friedrich Schiller : Und die Sonne Homers, siehe, sie lächelt auch uns. („ Elegie “ ) Dieser an Homer entzündeten Griechenliebe (vgl . Johann Wolfgang Goethe: „[...] das Land der Griechen mit der Seele suchend “ , in: „ Iphigenie auf Tauris “ ) in der antifürstlichen und antiklerikalen Intelligenz seit dem Hainbund ist es zu danken, dass durch Wilhelm von Humboldt die griechische Sprache (neben dem Lateinischen ) ein Kernstoff der Bildung des Humanistischen Gymnasiums wurde. Ein auch die Autopsie Trojas im Jahr 1819 mitverarbeitendes Epos über Homer legte 1858 Leopold Schefer in Hexametern vor, „ Homers Apotheose “ .

Homerische Stoffe und Themen sind somit sowohl in der klassischen antiken als auch in der europäischen Literatur und den Bildenden Künsten allgegenwärtig . In der gehobenen Umgangssprache finden sich heute noch viele Redewendungen aus seinem Werk und „geflügelte Worte “ (auch dieser Begriff stammt von ihm).